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Fulminanter Start für Paulus Mankers "Alma"
im schwierigen Berlin
Uti.: In Purkersdorf gestartete Produktion gastiert bis
Ende Mai im Kronprinzenpalais - Erfolgreiche Voraufführung
vor Freitag-Premiere
von Ewald König/APA
Berlin (APA) - Aufgewühlt, verstört, neugierig
verweilt das Berliner Publikum im Kronprinzenpalais. Keiner
hat Lust zu gehen, obwohl Mitternacht naht. Das Opus "Alma"
will verarbeitet sein, ist gewöhnungsbedürftig.
Die ersten Kommentare, die das Publikum nach der Voraufführung
Mittwoch Abend (vor der am Freitag stattfindenden Premiere)
von sich gab, versprechen Alma einen großen Erfolg auch
an der Spree. Der Start war fulminant, das Medieninteresse
gigantisch.
Dabei ist Berlin mit Kulturangeboten extrem verwöhnt.
Kulturinteressierte können im Tagesdurchschnitt unter
1.800 Veranstaltungen auswählen. Und die Metropole ist
für Veranstaltungen, für die man (inklusive Speisen
und Getränke) immerhin 95 Euro zu zahlen hat, zudem ein
schwieriges Pflaster. Die Arbeitslosigkeit beträgt mehr
als zwanzig Prozent - ohne Perspektive auf Besserung. Dennoch
lässt sich prophezeien: Berlin wird Alma zu Füßen
liegen.
Daran muss sich das Berliner Publikum aber erst gewöhnen:
Es kann nicht still sitzen. Es kann passieren, dass es in
der feinen Abendgarderobe fröstelt, wenn es im Garten
des Kronprinzenpalais dem Begräbnis Gustav Mahlers beiwohnt;
dass man in der dunklen Terrasse in Hinterlassenschaften jener
Pferde tritt, die die Kutsche mit dem Sarg ziehen; dass man
das Wachs auf den Anzug abkriegt, das im Ehestreit von den
geworfenen Kerzen spritzt; dass draußen spätabendlicher
Baulärm des Grand Hotel du Rome vertrauliche Dialoge
stört; oder dass man vom splitternackten Reserl (Hilde
Dalik) bei seiner Flucht vor Oskar Kokoschka gerempelt wird.
Auch daran muss sich das Publikum gewöhnen: Dass es
gar nicht alles zu sehen kriegt, sondern dass man das Stück
vier Mal sehen müsste, um alle Schauplätze innerhalb
und außerhalb des Kronprinzenpalais zu besuchen. In
den drei Stunden Show werden insgesamt zwölf Stunden
Theater geboten.
Der Zuschauer als Voyeur und Paparazzi, der Bettszenen, Frauengespräche,
Vergewaltigung, Trennungen hautnah miterlebt; der Zuschauer
als Stalker, der den Figuren ungestraft folgen kann, ja sogar
kokett in Keller und Küche gelockt wird; und der Zuschauer
als Gast beim Leichenschmaus für Gustav Mahler (Helmut
Berger), mit österreichischen Speisen und Weinen.
Eine bessere Location als das Kronprinzenpalais auf dem Prachtboulevard
Unter den Linden 3 hätte Regisseur und Kokoschka-Darsteller
Paulus Manker nicht finden können, um Almas 127. Geburtstag
zu feiern. Eleonore Zetzsche als alte Alma trifft sich hier
zum Ehrentag mit ihren Ehemännern, Liebhabern, Freunden
und Bewunderern. In Berlin hatte Alma mit Walter Gropius (Wolfram
Rupperti) gelebt und die Goldenen Zwanziger genossen, Franz
Werfels (Nikolaus Paryla) Dramen wurden im Deutschen Theater
aufgeführt, seine Bücher später von den Nationalsozialisten
auf dem Opernplatz nahe dem Kronprinzenpalais verbrannt, Oskar
Kokoschkas Bilder hingen sogar im Kronprinzenpalais selbst,
als es Museum für zeitgenössische Kunst war; in
der Staatsoper direkt neben dem Palais wurde Wozzeck uraufgeführt,
von Alban Berg der Muse gewidmet.
Alma verführt immer noch. Die Magie der Femme fatale
funktioniert auch in Preußen. Wie sie früher die
Genies befruchtete, so lässt sich erahnen, dass sie es
auch heute schaffen würde. Kein Wunder, dass sie ihre
treue Fangemeinde hat. Wo immer die 1996 bei den Wiener Festwochen
in Purkersdorf bei Wien uraufgeführte Show gezeigt wird,
reisen ihr Fans nach, ob in Venedig, Lissabon, Los Angeles,
Petronell und nun Berlin.
So mancher Besucher mag sich die Frage gestellt haben, ob
er nach diesem Erlebnis noch still sitzen wird können,
wenn er künftig wieder traditionelles Theater besucht.
(SERVICE - "Alma" von Joshua Sobol, Regie:
Paulus Manker; 21. bis 30. April (täglich außer
Montag und Dienstag) und 4. bis 27. Mai (Donnerstag bis Sonntag)
im Kronprinzenpalais, Berlin; mit u.a. Eleonore Zetzsche (Alma
Mahler-Werfel), Helmut Berger (Gustav Mahler), Wolfram Rupperti
(Walter Gropius), Nikolaus Paryla (Franz Werfel), Paulus Manker
(Oskar Kokoschka), Holger Daemgen (Gustav Klimt), Albert Kitzl
(Sigmund Freud), Pamela Knaack (Anna Mahler); Tickets zu 95
Euro unter Tel.: 0049/30 2065 3790 oder production@alma-mahler.com;
Weitere Infos im Internet: www.alma-mahler.at
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