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Ewig lockt das Weib Almschi
von Werner Rosenberger

"Die Mami war ein großes Tier", sagte Tochter Anna Mahler. Aber das alte Schlachtross zieht noch immer. Alma-Mahler-Gropius-Kokoschka-Werfel, die Geniefresserin, feiert ihren 126. Geburtstag und geistert durch das Schloss Petronell.

Wo sich gleich daneben in der Hainburger Au die Wildschweine gute Nacht sagen, zeigt Paulus Manker "Alma" im zehnten Jahr, sein Simultantheater nach Texten von Joshua Sobol über das Leben der selbst ernannten Muse und Sammlerin von Berühmtheiten - und immer noch verpasst man eine ganze Menge.

Der Hauptdarsteller ist das trotz seines erbarmungswürdigen Zustandes prachtvolle Schloss. War das Sanatorium Purkersdorf noch eine kompakte Spielstätte, in der die Almaniacs zwangsläufig von einer Szene in die nächste stolperten, so sind die Wege für den gustierenden Flaneur diesmal länger.
In der Küche dampft die Suppe. Im mit Kerzen beleuchteten Festsaal ist die Irritation perfekt: Helmut Berger ist Gustav Mahler. Klar. Aber wer ist Zuschauer und wer Schauspieler?

"Kennen wir uns?", ist die Frage einer Dame. Und die Antwort: "Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Alexander Zemlinsky." Ah, Almas Kompositionslehrer, auch eine ihrer Trophäen.

Ungebrochen ist die Faszination des Menschen-beim-Leben-Zuschauen. Wie die junge Alma von Gustav Klimt den ersten Kuss bekommt. Wie sie als Furie Mahlers Noten in die Luft wirft und seine Liebhaberqualitäten verhöhnt. Wie der Liebesrausch mit dem Bauhaus- Architekten Gropius rasch in einen Palawer mit dem rasend Eifersüchtigen kippt.

"Kunstgenuss ist nicht Zeitvertreib, sondern Todvertreib", sagt Nikolaus Paryla, wieder hinreißend als Franz Werfel, der "so ein Verlangen nach Mitleid und Zärtlichkeit" hat.

Die Karawane der Voyeure zieht weiter durch die Gänge im Schloss, durch das plötzlich Mahlers Orchesterklänge dröhnen.

Die Szene mit Sigmund Freud, wir haben sie diesmal verpasst. Dafür von einem Fensterplatz aus den Trauerzug hinter der Pferdekutsche im mit Fackeln beleuchteten Schlosshof beobachtet.

Zum Leichenschmaus gibt es Portugiesische Ente, Fisch "alla Veneziana", Spanferkel: Kulinarische Souvenirs der "Alma"-Gastspiel-Stationen Lissabon, Venedig und Los Angeles.

KAMPF Dann berserkert Manker als liebeskranker Kokoschka, über den die nach Art einer Fleisch fressenden Pflanze Künstler anziehende Femme fatale schrieb: "Die drei Jahre mit ihm waren ein einziger Liebeskampf. Niemals zuvor habe ich so viel Krampf, so viel Hölle, so viel Paradies gekostet."

Und ewig lockt das Weib. Das Liebesleben von Egomanen und einer bis ins hohe Alter erotisch Aktiven ist wieder ein Erlebnis, das nachwirkt. Da fiel sogar Mahler am Ende seines Adagio, wo die Violinen über zwei Oktaven hinauf- rauschen, nur noch eines ein: "Almschi!"

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