Paulus
Manker schmeißt Handys
(Die Presse) 12.07.2005
"Alma - A Show biz ans Ende"
auf Schloss Petronell: Wie neu.
"Ich seh' das Stück zum dritten Mal, ich renn eh
nur den Almas nach, aber auch von ihren Szenen hab' ich nicht
alle gesehen", erzählt ein Zuschauer, während
er die Verfolgungsjagd auf Paulus Manker alias Oskar Kokoschka
aufnimmt. Der stürmt durch die Gänge von Schloss
Petronell, hinter Alma her (es gibt drei davon), und bevor
er sie aufs Bett wirft, reißt er noch einem im Gang
pausierenden Besucher das Handy aus der Hand, es landet zwanzig
Meter weiter zwischen den Grabkränzen für die tote
Alma.
Regisseur Paulus Manker ist mit seinem "Lebensprojekt",
Joshua Sobols Polydrama "Alma", wieder zurück
in Österreich. Von Purkersdorf hatte die Aufsehen erregende
Produktion, die das Leben der Mahler-Gropius-Werfel-Gattin
in parallel in verschiedenen Räumen gespielten Szenen
zeigt, vor fast zehn Jahren ihren Ausgang genommen, dann wurde
es in Venedig und Lissabon gefeiert. Nur in Los Angeles floppte
das Stück, Manker musste sich vor der Gewerkschaft sogar
wegen "Belästigung" einer Mimin rechtfertigen.
Der Schuss vor dem Bug hat seiner Lust auf "Alma"
offenbar keinen Abbruch getan. Wild, extrem, opulent, wie
neu präsentiert sich das Stück in modrig-morbidem
Rahmen. Der Leichenzug mit dröhnender Mahler-Musik, der
(köstliche) Leichenschmaus, die Intim-Szenen zwischen
Alma und Gropius, Werfel und Sigmund Freud, mancher mag das
voyeuristisch finden, auch geschmacklos: Aufregend ist es.
Aber das Beste liegt in einer dunklen Ecke des Hofs: eine
Zeitung von 1936, mit Artikeln über einen "Club
der Hundertjährigen" sowie einen der Paviansprache
mächtigen Buren und mit dem Bild eines Affen mit Hut:
"Herr Gorilla, Kettenhäftling des Tiergartens, hat
sich zum Geburtstag schön gemacht." - Die Vergangenheit
ist verrückter als alles, was sich Sobol und Manker dazu
ausdenken können. sim
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