Bei Ludwig, Radio Wien, April 2006
Paulus Manker war zu Gast
Sein "Lebensabschnittswerk" "Alma" hat
am Freitag Premiere in Berlin gehabt. Der Schauspieler und
Regisseur Paulus Manker war am Sonntag zu Gast bei Christian
Ludwig.
"Alma"
Er selbst bezeichnet "Alma" als ein "Lebensabschnittswerk",
von dessen Erfolg er selbst überrascht war. Eigentlich
war es eine Produktion für die Festwochen 1996. "Sie
mussten noch 20 Vorstellungen anhängen, da wusste man
schon, dass es etwas besonderes war", so Manker.
"Man geht an die Orte ihres Lebens, da war Venedig das
erste, weil sie dort ein Haus hatte. Wir haben in fremden
Sprachen spielen müssen, italienisch, französisch,
englisch und portugiesisch", erzählte Manker von
den einzelnen Aufführungsorten.
Der Erfolg habe im Ausland zugenommen, viele Besucher sind
dem Ensemble nachgereist. Auch die Einheimischen hätten
das Stück gut aufgenommen, obwohl sie über Alma
gar nicht so Bescheid wussten.
Idee der Inszenierung?
Das Publikum sitzt nicht wie im normalen Theater im Zuschauerraum
und beobachtet das Geschehen auf der Bühne. "Das
ist es bei uns nicht, es ist mehr dem Internet vergleichbar.
Man kann nach verschiedenen Seiten dahinreisen, die mit einer
gemeinsamen Szene beginnen, dem Geburtstagsfest, und von dort
teilen sich die vier Almas auf", beschreibt Manker das
besondere an Alma.
Die Besucher müssen sich entscheiden, wo sie mitgehen,
sie müssen aktiv eingreifen. Sie können einen Charakter
verfolgen, íhm nachgehen...während in der Küche,
ebenfalls ein Schauplatz, echte Rindsuppe köchelt - übrigens
von Manker persönlich gekocht.
"Augen, Seele, wiedergespiegelte Emotionen, das können
die Besucher kontrollieren", so Manker. Sie sitzen unmittelbar
daneben. Manker: "Ich hatte einmal einen Besucher, der
hat mich fast berührt, der hat sich nach der Aufführung
bei mir entschuldigt mit den Worten: 'Ich musste den Schmerz
in ihren Augen sehen'."
"Alma in Berlin"
"Alma" ist eine der erfolgreichsten und ungewöhnlichsten
Theaterproduktionen, die jemals in Österreich geschaffen
wurde "ein interaktives Theaterstück und
eine exklusive Party in einem", wie es auf der Website
steht. Nach Wien, Venedig, Lissabon, Hollywood und Petronell
kommt das Stück nun nach Berlin.
Das Stück widmet sich dem Leben der "letzten femme
fatale des 20. Jahrhunderts", Alma Mahler-Werfel. Vier
Männer prägten ihr Leben: der Komponist Gustav Mahler,
der Architekt Walter Gropius, der Maler Oskar Kokoschka und
der Dichter Franz Werfel.
Eigenes Theater in Wien?
Aus einem eigenen Theater in Wien ist nichts geworden, "weil
man mich nicht schätzt", so Manker: "So gut
wie in Berlin wurde ich in Wien noch nicht empfangen, vom
Publikum ja, aber es muss auch die Kulturpolitik etwas dazu
tun, die sich bei uns in einem Zustand befindet, den man im
Radio gar nicht beschreiben kann."
Schottenberg "toller Theatermann"
Manker war auch im Gespräch, Chef des Volkstheaters zu
werden. Geworden ist es Michael Schottenberg: "Das finde
ich eine gute Wahl, weil er ein toller und kraftvoller Theatermann
ist. Aber sie sehen ja auch, wie man mit ihm nach wenigen
Monaten umgeht. Das ist ja auch grauenvoll, man soll ihn seine
Sachen machen lassen, da gelingt das eine, das andere nicht."
Ein polarisierender Künstler
Paulus Manker wurde am 25. Jänner 1958 als Sohn der Schauspielerin
Hilde Sochor und des Regisseurs Gustav Manker in Wien geboren.
Ausgebildet am Max-Reinhardt-Seminar wurde er zu einem Künstler,
der polarisiert. Manker ist seit vielen Jahren als Schauspieler,
Drehbuchautor, Theater- und Filmregisseur erfolgreich.
Mit seinen Filmen "Schmutz" und "Weininigers
Nacht" heimste Manker zahlreiche Preise ein, spielte
selbst in zahlreichen Filmen wie etwa in Michael Hanekes "Lemminge"
oder zuletzt in Michael Glawoggers "Slumming". Auf
der Bühne stand er unter anderem an der Burg in Peter
Zadeks "Der Jude von Malta". Auch in seiner aktuellen
Produktion "Alma in Berlin" spielt er wieder den
Maler Oskar Kokoschka.
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