Kaiser und Könige 1663/64 Am Platz vor dem Zeughaus wird für den Kammersekretär Martiz ein nobles Privathaus erbaut, das erste "stattliche Gebäude" auf dem Linden-Boulevard. 1701 Im Zuge königlicher Prachtentfaltung werden die Linden, die seit 1573 als Reit- und Jagdweg vom Berliner Stadtschloß zum kurfürstlichen Tiergarten führen, weiter ausgebaut. 1706-1732 Das Palais dient als Dienstwohnung für den Gouverneur von Berlin. 1732 König Friedrich Wilhelm I. lässt das Gebäude durch Philipp Gerlach zu einem prächtigen Barockpalais mit Auffahrtsrampe und Mittelrisalit umbauen, als Geschenk für seinen Sohn, den späteren König Friedrich den Großen, der es als Stadtwohnung für sich und seine Frau Elisabeth Christine benutzt. Unter der Bezeichnung Kronprinzenpalais dient es in der Folge als Stadtresidenz der preußischen Kronprinzen. | | | | | | Unter den Linden um 1780 mit Kronprinzenpalais (links) und Zeughaus (rechts) | | 1793 Residenz König Friedrich Wilhelm III.und der Königin Luise von Mecklenburg-Strelitz | 1793 Kronprinz Friedrich Wilhelm, späterer König Friedrich Wilhelm III., bezieht das Palais, das er bis zu seinem Tod 1840 mit seiner Frau, der schönen Prinzessin Luise von Mecklenburg-Strelitz, und seinen 8 Kindern bewohnt. 1795 Friedrich Wilhelm (später Friedrich Wilhelm IV.) wird geboren und am 28. Oktober im Kronprinzenpalais getauft. Nach dem Tod seines Großvaters Friedrich Wilhelm II. besteigt sein Vater 1797 den preußischen Thron; der zweijährige Friedrich Wilhelm ist Kronprinz von Preußen. 1795-97 Dem Bildhauer Johann Gottfried Schadow wird ein Arbeitszimmer im Seitenflügel des Kronprinzenpalais zugewiesen, um Prinzessin Luise und deren jüngere Schwester Friederike in einem Marmorstandbild zu porträtieren. Er darf aus deren Garderobe die seinen Absichten entsprechenden Kleider auswählen, und hat das Glück, daß die antikisierende Mode der weiten, hoch gegürteten Gewänder ihm die Verbindung von Anmut, Würde und sinnlichem Reiz erlaubt. Sogar maßnehmen darf er bei Luise und ihrer zierlichen Schwester »nach der Natur«. Ehemann Friedrich Wilhelm III. jedoch (König Infinitiv) missfällt die berühmte Prinzessinnengruppe, er meint wortkarg: »Mir fatal!« 1797 König Friedrich Wilhelm III., der als Bescheidenster aller preussischen Monarchen gilt, behält auch nach der Thronbesteigung das Kronprinzenpalais als Wohnsitz bei, um seinen Untertanen ein sichtbares Zeichen sparsamer Lebensführung zu geben. Friedrich Engels urteilt später über ihn: Friedrich Wilhelm III., mit dem Spitznamen der Gerechte, war einer der größten Holzköpfe, die je einen Thron geziert. Er war zum Korporal und zum Inspektor von Uniformknöpfen geboren; er war liederlich, ohne Leidenschaft, und gleichzeitig ein Moralprediger, er war unfähig, anders als im Infinitiv zu sprechen und wurde als Schreiber von Proklamationen nur von seinem Sohn übertroffen; er kannte nur zwei Gefühle - Furcht und feldwebelhafte Anmaßung. 1811 Königin Luise beauftragt den bisher unbekannten Bühnenbildner Karl Friedrich Schinkel, ihr Schlafzimmer und weitere Räume im Kronprinzenpalais neu zu gestalten. Friedrich Wilhelm III. lässt, ebenfalls nach Plänen Schinkels, das Kronprinzenpalais durch eine überdachte Brücke mit dem benachbarten Prinzessinnenpalais verbinden. | | | 1837 Parade vor dem Kronprinzenpalais | 1848 Im Zuge der Märzrevolution wird versucht, das Kronprinzenpalais zu stürmen, ein Handwerker schreibt unter Beifall an die Mauer: "Eigentum der ganzen Nation". | | 1848 Blick auf das Kronprinzenpalais (rechts) und das Königliche Schloß von der Neuen Wache aus (Ölgemälde von Johann Philipp Eduard Gaertner) | 1856/57 Auf Veranlassung des späteren Kaisers Friedrich III. führt Heinrich Strack einen erneuten durchgreifenden Umbau durch: anstelle des Mansardendaches erhält das Palais ein weiteres Geschoss, das von korinthischen Pilastern gegliedert ist, die toskanischen Pilaster der unteren Geschosse werden mit korinthischen Kapitellen versehen. Über der Vorfahrt entsteht ein Säulenportikus mit Balkon. An der Ostseite entfernt man die sechste asymmetrische Achse, fügt einen versetzten Seitentrakt an und schließt die Straßenfront mit einer Kolonnade ab. Berühmt werden die italianisierende Fassade, das Treppenhaus, die Marmorsäulen, die Deckengemälde und der klassizistische Festsaal im Obergeschoss des Anbaus. | | | | | | Das Kronprinzenpalais vor dem Umbau (um 1850) | | 1856 nach der Umgestaltung | | | | Das berühmte Stiegenhaus des Kronprinzenpalais | 1858 Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen zieht im November mit seiner erst 17-jährigen Gemahlin Victoria von Grossbritannien, der Tochter Queen Victorias, ins umgestaltete Kronprinzenpalais ein. 1859 Am 27. Januar wird unter dramatischen Umständen Wilhelm II., der letzte deutsche Kaiser, im Kronprinzenpalais geboren. Die Geburt ist ausgesprochen schwierig, der Prinz kommt als Steißgeburt zur Welt und überlebt nur durch das couragierte Eingreifen einer Hebamme, die das leblose Baby ganz gegen das Protokoll mit einem nassen Handtuch schlägt. (Lesen Sie die dramatische Schilderung der Geburt). Der linke Arm des Kindes ist so verletzt, dass er zeitlebens gelähmt und deutlich kürzer bleibt. 101 Salutschüsse verkünden das freudige Ereignis, eine jubelnde Menschenmenge versammelt sich vor dem Kronprinzenpalais, die Thronfolge im Hause Hohenzollern ist gesichert. Keinen gesunden Thronfolger geboren zu haben, empfindet Prinzessin Victoria als persönliches Versagen und ist nur schwer bereit, die Behinderung des Sohnes zu akzeptieren. Kronprinz Wilhelm erlebt eine Kindheit voll Torturen, nichts bleibt unversucht, seine Behinderung zu beheben. Legendär sind Kuren wie das Einnähen des kranken Armes in ein frisch geschlachtetes Kaninchen oder Metallgerüste, die Wilhelm umgeschnallt werden, um seine Haltung zu verbessern. | | | | | | Prinzessin Victoria von Grossbritannien, Gattin Kronprinz Friedrich Wilhelms und Mutter Kaiser Wilhelms II. (Gemälde v. Heinrich von Angeli) | | Wilhelm II an seinem 10. Geburtstag. Ein Handschuh soll den verkümmerten Arm optisch verlängern | Im Kronprinzenpalais, das in den Monaten Oktober und November bewohnt wird, wird jeden Donnerstag eine kleine Zahl an Künstlern oder Wissenschaftlern eingeladen, um sich über Kunst, Literatur oder Archäologie zu unterhalten, darunter Heinrich von Angeli, Anton von Werner und Adolph Menzel. Die kunstsinnige Kronprinzessin Victoria, die selbst auch malt, pflegt regelmässigen Umgang mit Künstlern und Gelehrten. Diese Entwicklung ist für die Kunst in Deutschland von großer Bedeutung, durch das Kronprinzenpaar finden Kunst und Künstler wieder Einzug am militärisch geprägten preußischen Hof. | | Das Kronprinzenpalais Ende des 19. Jahrhunderts | 1871 In den Gründerjahren entwickeln sich die Linden zu einer Geschäftsstraße mit Restaurants, Cafés, Hotels, Banken, Agenturen, Geschäften und Passagen. Wilhelm II. erinnert sich: "Ich entsinne mich noch der schönen Stunden, wenn meine Mutter in ihrem Atelier, das im ersten Stock des Kronprinzenpalais an der Ecke nach der Oberwallstraße, mit dem Fenster nach der Neuen Wache zu, gelegen war, an der Staffelei saß und malte. Es war übrigens auch in ihrem Bibliothekszimmer, das ihr gleichzeitig als Wohnzimmer diente, immer sehr hübsch. Der Raum lag nämlich sehr eigenartig in dem Schwibbogen, der vom Kronprinzen- zum Prinzessinnenpalais führt. Die Fenster gehen nach beiden Seiten hinaus, sowohl nach den Linden wie nach der Oberwallstraße, und es war für mich als Kind immer höchst interessant, von dort aus das Leben und Treiben auf den Straßen zu beobachten. | | | | | | Huldigung des Volkes vor dem Kronprinzenpalais | | Kronprinzessin Cecilie 1908 | 1888 Nach dem Tod Friedrichs III. steht das Kronprinzenpalais lange Zeit leer, bis Wilhelm, der letzte Kronprinz der Hohenzollern, es mit seiner Gattin, der Herzogin Cecilie zu Mecklenburg, von 1905 bis 1918 in den Wintermonate als Stadtwohnung nutzt. | | Unter den Linden (um 1900), links das Kronprinzenpalais | | | | Huldigung der Berliner Bevölkerung vor dem Kronprinzlichen Palais zu Berlin am Abend des 1. August. Kronprinz Wilhelm, mit seinem ältesten Sohn, dem Prinzen Wilhelm, auf dem Arme, dankt für die Ovation. Nach einer Originalzeichnung für die illustrierte Zeitung von Felix Schwormstädt. | 1918 Während der November-Revolution werden die Treppen des Kronprinzenpalais ein bevorzugter Ort, von dem sich die Anführer der revolutionären Bewegung an die Massen wenden. Am 9. November gibt Reichskanzler Prinz Max von Baden die Abdankung Kaiser Wilhelm II. und den Thronverzicht des Kronprinzen Friedrich Wilhelm bekannt. Nach dem Untergang des Kaiserreiches verliert das Kronprinzenpalais seine Bestimmung und wird der Berliner Nationalgalerie angegliedert. > MoMA | |