August Hess Almas Kammerdiener Ständiger Gefährte Almas in New York war ihr Diener August, wegen seines guten Aussehens auch der «schöne» August genannt. Als Dichter und Komponist bezeichnete er sich selbst am liebsten, er trat mit einem deutschsprachigen Ensemble in Los Angeles in Operetten auf, doch seine mangelhafte Bildung brachte Alma zur Raserei. August wußte aber sehr wohl, wie er sie zu behandeln hatte. Sie bezahlte ihn gut, und als August sich später in den Ruhestand zurückzog, besaß er mehrere Häuser in New York, was den Schluß nahelegt, das er sich sein Schweigen gut bezahlen ließ. | |
August Hess war "ein schlanker, mittelgroßer Mann mittleren Alters mit graublondem lockigem Haar und den wässrigen Augen eines fröhlichen Alkoholikers". Hess, Jahrgang 1904, war gebürtiger Deutscher und stammte aus der Nähe von Heidelberg. Er hatte sich der leichten Muse verschrieben und war als Operettentenor in einem Provinztheater engagiert. Nachdem sein Ensemble während einer Amerikatournee bankrott gegangen war, war er in den Vereinigten Staaten geblieben und hatte sich als Butler durchgeschlagen. Alma war von ihrem neuen Hausangestellten begeistert. Sie genoss es, einen Deutschen im Haus zu haben, der nicht vor den Nazis hatte fliehen müssen und der Hitler und die Deutschen nicht hasste: "Er verbreitete die von ihr lang vermisste Aura eines rein arischen Mannes." Inmitten der jüdischen Emigranten, denen Alma täglich begegnete, war August Hess – wie sie es wohl empfand – ein willkommener "arischer Kontrapunkt". Der neue Diener war insbesondere Franz Werfel treu ergeben. Er verstand zwar nicht viel von dem, was dieser schrieb, verehrte ihn aber umso mehr. Der "schöne August", wie er wegen seiner attraktiven Erscheinung genannt wurde, war Butler, Chauffeur, Gärtner, Almas Trinkpartner und Werfels Kammerdiener in einer Person und war aus ihrem Leben in Amerika nicht mehr wegzudenken. Im eigenen Oldsmobile kutschierte August Hess seine Herrschaften durch die Stadt. | | August Hess, Alma und Franz Werfel vor der Garage ihres Hauses in LA | Nach fast einem halben Jahr an der Ostküste kehrte Alma Ende Februar 1946 nach Los Angeles zurück. In ihrem mit vielen Erinnerungen an Franz Werfel verbundenen Haus fühlte sie sich jedoch zunehmend unwohl. Und die Anwesenheit von August Hess wurde zur Belastung. Er hatte ein cholerisches Temperament und ließ häufig seinem Ärger freien Lauf. Zu Franz Werfels Lebzeiten hatte Alma mit diesen Eigenheiten besser umgehen können, nun aber fürchtete sie seine Wutanfälle. Gustave und Gusti Arlt rieten, ihn zu entlassen. Und als Alma Ende August 1946 einen Aufenthalt in San Francisco plante, um den ersten Todestag Franz Werfels dort zu verbringen, bekam Gustave Arlt den Auftrag, August Hess zu kündigen, so dass er bei ihrer Rückkehr verschwunden wäre. Als sie Anfang September wieder in Beverly Hills eintraf, war August Hess immer noch da. Nach einer Aussprache entschied sich Alma, ihn bei sich zu behalten. Albrecht Joseph nahm an, dass August Hess wohl zu viel über Almas finanzielle Situation wusste. Und nicht zuletzt war August Hess ein Zeuge der Ereignisse, die sich in den Stunden nach Franz Werfels Tod am Bedford Drive abgespielt hatten. Die Beziehung zwischen Alma und ihrem Butler schien vielen durchaus bizarr. Hinter vorgehaltener Hand wurde immer wieder gemunkelt, sie hätten ein Verhältnis – eine abwegige Vorstellung, da August Hess als Homosexueller aus seiner Vorliebe für Männer gar kein Hehl machte. Dennoch hatte Alma wohl den Ehrgeiz, wieder einmal einen für sie unerreichbaren Mann mit weiblichen Reizen zu gewinnen. In ihr Tagebuch schrieb sie einen bezeichnenden Satz: Die Homosexuellen quälen, ohne dass sie es wissen oder wollen. Sie lassen einen an einem Stückchen Zucker lecken und dann stecken sie es seelenruhig in die Hosentasche. | |